Safari-Segeln, Feedbackkultur und Klimabewusstsein – was wir von Clemens Stecher lernen können
Im Advent-Podcast „24 Tage, 24 Menschen, 24 Geschichten“ spricht Showhost Sascha Ladurner mit Clemens Stecher. Der gebürtige Tiroler ist studierter Biologe, Pädagoge, Profi-Skipper, Expeditionssegler und Host des „Ocean Life Podcast“. Es geht um Safari-Segeln in den nördlichsten Regionen Europas, um eine erstaunlich moderne Feedbackkultur im britischen Segelsport – und darum, warum man nach einer Grönlandfahrt die Klimakrise nicht mehr wegdenken kann.
Wer das Gespräch mit allen Geschichten und Anekdoten hören möchte, kann die komplette Folge mit Sascha Ladurner und Clemens Stecher gleich nach dieser Einleitung im Podcast-Player anhören.

Clemens Stecher – Biologe, Profi-Skipper und Expeditionsleiter
Vom Tiroler Biologen zum Expeditions-Skipper
Sascha Ladurner zeichnet im Gespräch einen Weg nach, der auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt: Clemens Stecher kommt aus Tirol, hat Biologie studiert und lange als Lehrer, Lektor und Ausbilder im Schul- und Hochschulbereich gearbeitet. Trotzdem brennt er heute vor allem für Natur und Segeln – und bringt beides in seinem Unternehmen zusammen.
Zum Segeln kam er wie viele Österreicher über die Adria. Ein Freund nahm ihn mit auf einen ersten Törn, und danach war die Sache entschieden. Es folgten österreichische Scheine und bald der Sprung ins englische System der Royal Yachting Association (RYA), das weltweit als Goldstandard der Segelausbildung gilt.
Ich war dem Thema sofort verfallen und habe dann einfach alle diese Segelausbildungen durchlaufen – bis zur höchstmöglichen Lizenz.“
Parallel zu seiner Tätigkeit an Uni und Pädagogischer Hochschule begann er, diese englischsprachige Segelausbildung anzubieten. Die Nachfrage wuchs so stark, dass irgendwann nichts anderes mehr ging als eine Entscheidung: Entweder voll in die Segelschule oder zurück in den sicheren Bildungsjob. Clemens Stecher entschied sich klar für das Meer – und ist seit neun Jahren hauptberuflich im Segelbusiness unterwegs. Er sagt, er habe diesen Schritt keine Sekunde bereut.
Expeditionssegeln als „Safari auf Top-Niveau“
Sascha Ladurner interessiert besonders, was Clemens Stecher heute konkret macht. Sein Unternehmen hat zwei Geschäftsbereiche:
- professionelle Segelausbildung im RYA-System in Südengland
- Expeditionssegeln mit eigenem Expeditionsboot in den nördlichen Meeren
Die Segelschule ist in England registriert, im Solent – jenem Revier, das Clemens Stecher als „Kitzbühel und St. Moritz des Segelsports in einem“ beschreibt. Dort trifft sich die internationale Segelszene, dort sitzt die Royal Yachting Association, dort werden Skipperinnen und Skipper auf höchstem Niveau ausgebildet.
Der zweite Bereich richtet sich an Menschen, die Natur intensiv erleben wollen: Törns rund um die Lofoten, nach Spitzbergen, Island oder Grönland. Kleine Gruppen, lange Tage an Deck, Wal- und Vogelbeobachtungen, Begegnungen mit einer Natur, die gleichzeitig wunderschön und verletzlich ist.

Man könnte in einem Schlagwort dazu sagen, es ist so etwas wie Safari-Segeln auf Top-Niveau.“
Gemeinsam mit Partnern hat er ein gebrauchtes französisches Aluminium-Expeditionsboot gekauft, ein Schiff, das ursprünglich nur im Mittelmeer unterwegs war. Die Investition ist groß, aber gut kalkuliert: Nach vielen Jahren mit gecharterten Booten kennt das Team Auslastung, Zielgruppen und Umsätze genau. Auf dem eigenen Schiff will Clemens Stecher drei Dinge verbinden: Segeln auf Top-Niveau, hohen Komfort und Sicherheit – und Naturkunde auf hohem fachlichen Niveau.
Expeditionen mit Sinn – wenn Beobachtungen in Forschungsdatenbanken landen
Auf Nachfrage von Sascha Ladurner beschreibt Clemens Stecher, warum er seine Reisen „expeditionsähnlich“ nennt. Es geht nicht nur ums Erleben, sondern auch um einen Beitrag zur Wissenschaft.
Auf vielen Törns werden Wal- und Vogelbeobachtungen systematisch erfasst. Die Crew ist mit Forschenden vor Ort vernetzt, Daten fließen in laufende Projekte oder internationale Datenbanken ein. Das gilt etwa für Routen rund um die Lofoten, aber ebenso für Fahrten weiter nördlich.
Die Idee dahinter: Menschen sollen die Schönheit dieser Regionen erleben – und gleichzeitig verstehen, wie bedroht sie sind.
Wir sind nicht rein zum Selbstzweck unterwegs. Unsere Beobachtungen fließen auch in Forschungsprojekte ein – wir wollen Begeisterung wecken und gleichzeitig Multiplikatoren sein.“
Gerade als Biologe und Pädagoge sieht er darin seinen Auftrag: Naturbegegnungen mit Wissen zu verbinden und Mitseglerinnen und Mitsegler so zu berühren, dass sie auch zu Hause anders auf den Planeten blicken. Wer erlebt hat, wie schnell Gletscher verschwinden oder wie fragil arktische Ökosysteme sind, kann Klimakrise und Umweltschutz kaum mehr als abstrakte Debatte wahrnehmen.
Segeln und Feedbackkultur – was England anders macht
Ein Schwerpunkt des Gesprächs liegt auf der Frage, was Clemens Stecher aus dem englischen System für Führung und Zusammenarbeit mitgenommen hat. Sascha Ladurner interessiert besonders die Feedbackkultur.
In der Ausbildung der Royal Yachting Association ist Feedback ein zentraler Baustein – mit klaren Regeln und Strukturen. Während eines Manövers wird nicht diskutiert, da entscheidet der Skipper. Nach dem Anlegen gibt es definierte Feedbackrunden: Was hat funktioniert? Was war gefährlich? Was machen wir beim nächsten Mal anders?
Mistakes are your friends – nur wenn du weißt, wo die Lücken sind, kannst du dich weiterentwickeln.“
Clemens Stecher über die angelsächsische Sicht auf Fehler
Statt von oben herab zu kritisieren, stellt der Ausbilder Fragen: Wie ist dir die Situation vorgekommen? Würdest du es wieder so machen? Was würdest du ändern? Die Lernenden reflektieren ihr eigenes Tun und formulieren ihre eigenen Verbesserungsvorschläge. Der Trainer bestätigt, ergänzt und ordnet ein.
Diese Art, Feedback zu geben, trennt klar zwischen Verhalten und Person. Es geht nicht darum, jemanden als „gut“ oder „schlecht“ abzustempeln, sondern konkrete Situationen zu verbessern. Clemens Stecher hat diese Methodik bewusst in seine Arbeit an Schulen und Hochschulen mitgenommen – und sieht darin einen deutlichen Unterschied zur oft hierarchischen, fehlerorientierten Kultur im deutschsprachigen Raum.
Wissen teilen, Marke stärken – der Ocean Life Podcast
Zum Schluss spricht Sascha Ladurner noch über ein Format, das Clemens Stecher und ihn verbindet: den Podcast. Clemens Stecher produziert den „Ocean Life Podcast“ und teilt dort sehr offen sein Fachwissen – von Navigation über Wetter bis zu Sicherheit und Expeditionsplanung.
Die naheliegende Frage: Macht er sich damit sein eigenes Geschäft nicht kaputt? Seine Antwort ist klar: Nein. Menschen würden durch einen Podcast nicht „gratis segeln lernen“, sondern sich ein Bild von seiner Expertise und seiner Art zu erklären machen. Viele Hörerinnen und Hörer melden sich später ausdrücklich mit dem Hinweis, sie hätten ihn über den Podcast kennengelernt und sich deshalb für eine Segelausbildung in England entschieden.
So wird der Podcast zum Schaufenster: für Fachwissen, für Persönlichkeit und für eine Haltung zur Natur. Und genau diese Kombination zieht jene Menschen an, mit denen er am liebsten arbeitet – ob im Solent oder auf Expeditionssegeltörns im hohen Norden.
Ein Wunsch: Frieden und ein anderer Blick auf den Planeten
Auf die traditionelle Abschlussfrage von Sascha Ladurner – welchen Wunsch er frei hätte – antwortet Clemens Stecher ohne große Umschweife. Er wünscht sich Frieden und ein anderes Verhältnis zur Erde. Die aktuellen Kriege und der Umgang mit dem Planeten belasten ihn stark. Das Bild, das er verwendet, ist drastisch: Wir fahren sehenden Auges mit Tempo 120 gegen die Wand.
Gerade weil er die „schönsten Gegenden der Welt“ bereist und dort die Folgen der Klimakrise direkt erlebt, ist ihm wichtig, bewusst, achtsam und in kleinen Gruppen unterwegs zu sein. Expeditionen sollen Lust auf Natur wecken – und gleichzeitig den Wunsch, diese Schönheit zu bewahren.
Das ganze Gespräch können Sie auch gleich hier nachhören:
Weiterführende Links zum Thema:
Websites:
- Website: https://mco-sailing.com
- Skipper-Consulting: https://skipper-consulting.com
Podcast:
Hier die aktuellste Folge vom OLP Podcast anhören:
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Der Song zum Podcast ist „Ich geh segeln“ von Claus Aktoprak – The Sailing Bassman.
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Der Podcast wird produziert von der Agentur Quickdraw Podcasts
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Diese Podcastserie entsteht mit Unterstützung des ÖGV – Österreichischer Gewerbeverein
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