11.12. – Karin Huber-heim

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Zukunftsfähig wirtschaften – warum Unternehmen heute in Kreisläufen denken müssen

Im Advent-Podcast „24 Tage, 24 Menschen, 24 Geschichten“ spricht Showhost Stephan Blahut mit Karin Huber-Heim. Sie ist Nachhaltigkeitsexpertin, ESG-Aufsichtsrätin, Stiftungsprofessorin der Stadt Wien für Kreislaufwirtschaft und im Vorstand des Circular Economy Forum Austria. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie wird Wirtschaft von einem linearen System zu einer echten Kreislaufwirtschaft – und was heißt das ganz praktisch für Unternehmen?

Wer alle Beispiele und Denkanstöße im Original hören möchte, kann die Podcastfolge mit Stephan Blahut und Karin Huber-Heim direkt nach dieser Einleitung im Player anhören.

Vom Wirtschaftswunder zur Kreislaufwirtschaft

Stephan Blahut zeichnet zum Einstieg nach, wie breit Karin Huber-Heim aufgestellt ist: eigene Beratungsfirma, Hochschullehre, Gremienfunktionen, Netzwerkaufbau. Ihr gemeinsamer Nenner: Wie machen wir Wirtschaft zukunftsfähig – ökologisch, sozial und wirtschaftlich?

Sie erinnert daran, dass unser heutiges Wirtschaftsmodell historisch aus der Nachkriegszeit stammt: Ressourcen entnehmen, produzieren, konsumieren, wegwerfen. Dieses lineare Modell sei für schnellen Wiederaufbau geeignet gewesen, stoße im 21. Jahrhundert aber an harte Grenzen – von Klimakrise bis Ressourcenverknappung.

Snapshot Karin Huber-Heim

Solange wir in einem System leben, das auf ständigem Ressourcenverbrauch und Wegwerfen basiert, können Unternehmen nur ‚weniger schlecht‘ statt wirklich nachhaltig werden.“

Der entscheidende Perspektivenwechsel kam für sie mit den Sustainable Development Goals (SDGs): Erstmals habe sie ein ganzheitliches Konzept gesehen, das ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele verknüpft – inklusive Zielkonflikten. Aus dieser systemischen Sicht ist die Circular Economy für sie der logische nächste Schritt: Produkte, Materialien und Geschäftsmodelle so zu gestalten, dass möglichst alles im Kreislauf bleibt.

Nachhaltigkeit als Risiko- und Steuerungsinstrument

Stephan Blahut fragt, was Nachhaltigkeit jenseits von Imagebroschüren konkret bringt. Karin Huber-Heim hält wenig von reiner „Schmuck-CSR“. Entscheidend sei, wie tief Nachhaltigkeit in die Steuerung eines Unternehmens hineingeht.

Klassische BWL schaue vor allem auf eine Wertschöpfungskette: Einkauf, Produktion, Verkauf. Was davor und danach passiert, werde oft ausgeblendet – etwa Rohstoffabbau, Entsorgung oder die soziale Wirkung in Lieferketten. Genau hier setze moderne Nachhaltigkeitsarbeit an:

  • Sie macht entlang der gesamten Kette Risiken sichtbar.
  • Sie zeigt, wo Abhängigkeiten von Rohstoffen, Regionen oder Lieferanten gefährlich werden.
  • Sie liefert Hinweise, ob ein Geschäftsmodell langfristig tragfähig ist.

Nachhaltigkeit ist eine fantastische Risiko- und Steuerungsmaschine – sie zeigt mir Risiken viel früher, als es ein klassischer Finanzbericht je könnte.“

Für Investorinnen und Investoren sei das zentral: Ein Geschäftsbericht beschreibe die Vergangenheit, Nachhaltigkeitsanalysen dagegen geben ein Bild von der Zukunftsfähigkeit. Wer seine Wirkungen kennt, kann rechtzeitig umbauen – statt von der nächsten Krise überrascht zu werden.

Regulierung als „Level Playing Field“ – und wo Unternehmen starten können

Viele Unternehmen empfinden neue Berichtspflichten und EU-Vorgaben als Belastung. Stephan Blahut spricht diesen Punkt offen an. Karin Huber-Heim versteht die Überforderung, widerspricht aber der grundsätzlichen Stoßrichtung.

Lange sei Nachhaltigkeit freiwillig gewesen: Einige Vorreiterbetriebe haben viel investiert, andere gar nicht. Für die Engagierten sei das oft ein Wettbewerbsnachteil gewesen.

Mit Regulierung schaffen wir endlich ein Level Playing Field – gleiche Spielregeln für alle, die nachhaltig wirtschaften wollen.“

Größere Unternehmen mit größerer Wirkung tragen mehr Verantwortung und müssen detaillierter berichten. Kleinere Betriebe werden mitgenommen, aber nicht im gleichen Umfang belastet. Damit entsteht schrittweise ein Markt, in dem kreislauffähige, klimafreundliche Lösungen nicht mehr systematisch benachteiligt werden.

Auf die Frage, womit Unternehmen beginnen sollen, empfiehlt sie keinen Maßnahmenkatalog, sondern Zukunftsbilder:

  • Welche Zukunft wünschen wir uns für unser Umfeld, unsere Kinder, unsere Branche?
  • Welche Rolle soll unser Unternehmen in einer klimaneutraleren, ressourcenschonenden Wirtschaft spielen?

Aus diesen „Futures“ könne man dann rückwärts denken: Welche Produkte, Services und Prozesse passen in dieses Bild – und welche nicht mehr? Gerade Familienunternehmen hätten hier eine starke Motivation, weil sie an die nächste Generation übergeben wollen.

Kommunikation als Schlüssel – und ein klarer Wunsch an Politik und Gesellschaft

Zum Schluss lenkt Stephan Blahut das Gespräch auf das Thema Kommunikation. Lange galt „Nachhaltigkeitskommunikation“ als gefährlich, weil sie schnell nach Greenwashing klingt. Für Karin Huber-Heim ist das Gegenteil richtig: Ohne Kommunikation gibt es keine Transformation.

  • intern, um Mitarbeitende mitzunehmen
  • quer durch Bereiche, um Silos aufzubrechen
  • nach außen, um Kundschaft, Gemeinden und andere Stakeholder einzubinden

Zahlen und Kennzahlen sind wichtig, reichen aber nicht, um Menschen zu bewegen.

Portrait Huber-Heim Karin
Foto © Sacha Gillen

Fakten sind notwendig, aber ohne Geschichten, Dialog und Beteiligung werden wir niemanden für Veränderung gewinnen.“

Auf die traditionelle Abschlussfrage von Stephan Blahut, welchen Wunsch sie für Österreich hätte, antwortet sie überraschend grundsätzlich: Frieden und funktionierende Demokratie. Ohne diese Basis, sagt sie, brauche man über Nachhaltigkeit kaum zu sprechen. Gleichzeitig wünscht sie sich mehr Gestaltungswillen – besonders von jungen Menschen und von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ihre Innovationskraft in Richtung Kreislaufwirtschaft und Zukunftsfähigkeit lenken

Das ganze Gespräch können Sie auch gleich hier nachhören:

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Der Song zum Podcast ist „Circulate“ von Neil Sedaka

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Der Podcast wird produziert von der Agentur Quickdraw Podcasts

Diese Podcastserie entsteht mit Unterstützung des ÖGV – Österreichischer Gewerbeverein

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